Frauen* in der Musikindustrie
2019 war ein gutes Jahr für Frauen* in der Musikindustrie. Es gab eine grosse Bewegung um Frauen* zu fördern. Es gab Frauen*quoten an Festivals. Das Lauter Festival (für das ich arbeite) hatte folgende Bedingung: Bei 50% der Acts muss mindestens eine Frau* mitmachen.
Viele kleinere Bands wurden so angetrieben und sind mittlerweile etabliert.
Diese Bewegung hat meiner Meinung nach aber an Intensität verloren. Darum möchte ich dazu beitragen, so gut ich das kann und darf, diese Bewegung wieder anzutreiben.
Der Fotoessay «Frauen in der Musikindustrie» entstand im Rahmen des Studiengangs Fotografie 20/22 an der Schweizer JournalistInnenschule MAZ in Luzern.
Olivia Staub - Geschäftsführung, Albani, Winterthur
«Ich hätte mir nicht mehr Förderung und Wertschätzung können. Auch darum sehe ich es als meine Verantwortung, mit meinen beiden Mit-Geschäftsführern dafür zu sorgen, dass die Chancengleichheit weiter vorangetrieben wird. Wie schaffen wir es, unsere eigenen Vorurteile zu erkennen und zu überwinden? Selbstreflektion ist Arbeit. Aber alle profitieren davon, wenn diese gewissenhaft gemacht wird.»
Zoé Zimmermann - Chef de Bar, Hive, Zürich
«Ich bin seit bald zwölf Jahren in der Veranstaltungsbranche. Nicht immer war es angenehm, nicht immer einfach. Und zwar in sicher achtzig Prozent der Fälle aus dem Grund, dass ich halt ‹nur› eine Frau bin. Sprüche wie ‹Dich sollte man auch mal wieder durchvögeln› oder ‹Kann ich Deinen Chef sprechen? Mit einer Frau rede ich nicht› gehören leider auch heute ab und zu noch zum Grundtenor.»
Olivia Deppe - Event Management vom Plaza, Zürich
“Die Tatsache, das es ein Beruf sein kann, Anderen eine gute Zeit zu bereiten, lässt mich auch nach 9 Jahren in der Branche noch ehrfürchtig schmunzeln. Das Gefühl beim Blick auf eine feiernde Menge, die da eigentlich nur wegen deiner Arbeit und Planung voll abgehen kann, ist auch beim zigsten Mal noch richtig krass. Das pandemiebedingte Verbot von Kulturanlässen schmerzt und zeigt, dass in uns eine Leere entsteht, die sich nicht mit einem Livestream füllen lässt. Es sind die Menschen im Raum und die live Musik, die uns das Gühl geben lebendig zu sein und die unserer Hülle Inhalt geben. Mein Job und jeder andere in dieser Branche, ist verdammt wichtig!”
Isabelle Inäbnit - Assistenz Clubmanagement, Kaufleuten, Zürich
«Seit elf Jahren in der Clubszene – als Garderobière, Kassen- und Barmitarbeiterin sowie in der Selektion –, arbeite ich nun seit drei Jahren als Assistentin der Clubmanagerin. So kompetent und sicher wie unsere Kollegen lösen wir Frauen Probleme, bearbeiten Anfragen und Wünsche, vielleicht auch souveräner als die Männer. Wir lassen uns nicht durch Wimpernklimpern der Partygäste beeinflussen.»
Anaïs Steiner - Fotografin, Royal, Baden
«Fotografin sein im Festival- oder Konzertkontext ist häufig eine Mischung aus Abgrenzung und Verschwesterung. Es ist unfassbar anstrengend, wenn sich FotografInnen vor der Bühne tummeln und manche Fotografen dann ein dominantes, unkommunikatives Verhalten an den Tag legen. Auf Fotografinnen zu treffen ist meistens grossartig, weil dann eine gegenseitige Unterstützung vorhanden ist.»
Silvie Fürer - Club Management vom Bagatelle, Zürich
“Vor 10 Jahren war es noch üblich, dass man mich auf Konzertproduktionen nach Salz & Pfeffer oder nach Besteck fragte. Die Frau im Saal muss ja vom Catering sein. Ein bekannter US Rapper wollte mich sogar mal anspucken als ich ihm den Weg zum Backstage zeigte. Auf Anfrage beim Tourmanager meinte dieser, man sei sich halt eine Frau als Chef nicht gewohnt. In den letzten Jahren hat zum Glück ein Umdenken stattgefunden und man findet immer mehr Techniker*innen, Bühnen-Manager*innen und Tour-Leit- er*innen im Business. Es gibt für mich auch keinen einzigen Grund, warum das nicht so sein sollte.”
Ricarda Helzel - Eventmanagement vom Indy Bar, Laax
“Wer mich kennt, weiss, dass ich für einen Lacher immer zu haben bin, egal ob gerade alles schief geht, oder alles nach Plan läuft. Meine Motivation ist, dort weiterzumachen, wo andere aufhören. Ich liebe es, Neues zu probieren und Grenzen zu durchbrechen. Langeweile braucht niemand in der Musikindustrie. Meine Mutter als Powerfrau, in der DDR grossgeworden, hat mir schon früh beigebracht, dass das Cliché „Brave Mädchen, Wilde Jungs“ nur eine von Männern gemachte Illusion ist. Trotzdem müssen wir Frauen uns immer wieder neu beweisen, sei es Vorurteile zu zerschmettern, oder für unseren Lohn zu kämpfen. Ein gelungener Anlass, ob alleine oder als Unterstützung, zeigt mir aber immer wieder, dass ich meinen Job richtig gewählt habe.”
Raffaela Kolb - Kommunikation und PR, Salzhaus Winterthur
«Es gibt eine Akzeptanz dafür, dass Frauen in leitenden Positionen in der Musikbranche arbeiten. In der Kommunikation sind wir eigentlich in der Überzahl. Dennoch gibt es Unterschiede – manchmal subtil, manchmal sehr offensichtlich sexistisch. Als Frau musst du dich in der Branche mehr profilieren, um ernst genommen zu werden. Und darum sind wir noch lange nicht da, wo wir hinwollen.»